Regionalprojekt 2
Anwendung von TP im Pflanzenbau auf ertragsschwachen Standorten der Lausitz als integraler Bestandteil eines innovativen, nachhaltigen Land- und Stoffstrommanagement
Die Lausitz ist geprägt durch eine intensive land- und forstwirtschaftliche Nutzung mit dörflichen bis kleinstädtischen Siedlungsstrukturen und einigen industriellen Wachstumskernen. Durch die großflächigen Tagebaue und Sanierungsgebiete des Braunkohlenbergbaus entstehen neue Landschaften. In der Region vollzieht sich ein intensiver wirtschaftlicher Strukturwandel, begleitet von einem anhaltenden Bevölkerungsrückgang. Kommunen und Kreise stehen vor der Aufgabe unter diesen Bedingungen eine nachhaltige, kostengünstige Energieversorgung und Kreislaufwirtschaft zu gewährleisten. Dies erfordert ein intelligentes Energie- und Stoffstrommanagement, welches die sozioökonomischen Herausforderungen aufnimmt und gleichzeitig neue Impulse zur Regionalen Wertschöpfung setzt. Den schlagkräftigen Akteuren der Land- und Forstwirtschaft kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu, da sie fähig sind nachwachsende Rohstoffe als Grundlage für eine dezentrale, ressourcenschonende und klimawirksame Energieerzeugung bereit zu stellen und die Verwertung biogener Reststoffe in der Fläche ermöglichen.
Die Region weist einen hohen Anteil ertragsschwacher Agrarstandorte auf. Neben großflächig wirksamen Grundwasserabsenkungen und den ersten Auswirkungen des Klimawandels verschärfen humuszehrende Bewirtschaftungsformen die ohnehin angespannte Ertragssituation. Eine besondere Herausforderung für die Landnutzung stellen die Rückgabeflächen des Braunkohlenbergbaus dar.
Die Kipprohböden sind weitgehend frei an rezenter organischer Substanz und die mikrobiologische Aktivität ist vernachlässigbar. Die unzureichende Nährstoffversorgung insbesondere mit Stickstoff und Phosphor und eine geringe Wasserspeicherkapazität wirken sich ertragslimitierend aus. Für eine land- oder forstwirtschaftliche Folgenutzung muss daher die Bodenfruchtbarkeit mit hohem Aufwand und über lange Zeiträume wieder hergestellt werden. Hierzu dienen spezielle Rekultivierungsverfahren, welche bodenmeliorative und pflanzenbauliche Maßnahmen kombinieren. Dabei stellt die Bildung von Dauerhumus ein vorrangiges Rekultivierungsziel dar. Hierzu wird in jüngster Zeit verstärkt der Einsatz von Bodenverbesserungsmitteln aus Abfallstoffen oder neuartigen Humusersatzstoffen auf Braunkohlebasis propagiert, bislang aber aufgrund geringer Effektivität, hoher Kosten, unerwünschter Nebenwirkungen oder mangels Akzeptanz der Nutzer kaum umgesetzt. Auch ist es noch nicht gelungen, ein regionales Kreislaufnetzwerk zur pflanzenbaulich sinnvollen Verwertung von biogenen Reststoffen und der darin enthaltenen Nährstoffe zu etablieren. Vermisst wird ein ganzheitlicher Systemansatz, welcher die Nutzung von organischen Abfällen mit Klimaschutzzielen (CO2-Sequestrierung), der ressourceneffizienten Landnutzung und regionalen Wertschöpfung im ländlichen Raum – beispielsweise durch den Anbau nachwachsender Rohstoffe – verbindet, ökonomisch darstellt und ökobilanziell bewertet.
Das Terra Preta-Konzept als Kristallisationskern eines regionalen Stoffstrommanagements erscheint gerade durch die Betrachtung der gesamten Wertschöpfungs- und Verwertungskette sowie die gleichzeitige Implementierung spezifischer Umweltziele vielversprechend. Im Rahmen dieses anwendungsbezogenen Teilvorhabens soll deshalb die Verwertung von Terra Preta Substrat (TPS), im Vergleich zu konventionellen etablierten Bodenverbesserungs- bzw. Düngemitteln, in der landwirtschaftlichen Rekultivierung von Kippenböden des Braunkohlenbergbaus sowie zur Ertragssicherung bzw. –steigerung auf Grenzertragsstandorten der Niederlausitz geprüft werden.
Aus den Forschungsergebnissen sind Handlungsempfehlungen für den Einsatz von TPS in der Rekultivierungs- und landwirtschaftlichen Praxis abzuleiten. Diese werden in Form eines Praxis-Leitfadens veröffentlicht. Dabei ist auch die Übertragbarkeit auf andere Regionen darzustellen, um eine breite Anwendbarkeit zu ermöglichen.
Ein weiteres Ziel sind Empfehlungen zur Gestaltung des Stoffstrommanagements und zur Konzeption einer Pilotanlage für die Modellregion Lausitz. Darüber hinaus sind die Darstellung des Projektes in der Öffentlichkeit und ein Akteursmanagement zur Initiierung der TPS-Produktion bzw. -Anwendung sowie zur Umsetzung des innovativen Landnutzungs- und Stoffstrommanagements in der Lausitz vorgesehen.
Zur pflanzenbaulichen Wirkung verschiedener TPS-Qualitäten im Vergleich zu reiner Mineraldüngung werden Gefäßversuche angelegt. Untersucht wird die TPS-Anwendung an einer Podsol-Braunerde aus glazifluviatilem Sand von einem ertragsarmen Ackerstandort (Zinnitz) der Modellregion, zum anderen ein frisch planierter C-freier Rohboden aus quartärem Kipp-Kalklehmsand (Tagebau Welzow). Das besondere Interesse gilt zunächst der Düngewirkung unterschiedlicher Anwendungsmengen und Biokohleanteile von TPS. Ein weiterer Gefäßversuch soll zur Abschätzung der pflanzenbaulichen Wirkung von TPS-Chargen beitragen, die aus regionalen Inputstoffen (u.a. Braunkohle sowie Gips) hergestellt werden. Der Effekt veränderlicher Prozessparameter bei der Herstellung des TPS auf die pflanzenbauliche Wirkung ist Gegenstand eines weiteren Gefäßversuches. An den Pflanzenproben werden die Hauptnährstoffe und an den Bodenproben die für den Pflanzenbau, die Bodenfruchtbarkeit und Bodenschutz aussagekräftigen Parameter ermittelt.
Detaillierte Untersuchungen zum Stofffreisetzungsverhalten und zur Stoffverlagerung werden mittels Bodensäulen- und Großlysimeteruntersuchungen über zwei bzw. drei Vegetationsperioden durchgeführt. Dabei werden die auch in den Gefäßversuchen verwendeten Böden verwendet und mit unterschiedlich hohen TPS-Gaben beaufschlagt. Es erfolgt eine umfassende Analytik des Bodens und der Sickerwässer. Für jede einzelne Säule werden die Sickerwasserfrachten, Erträge und Entzüge ermittelt. Als Testkulturen werden Knaulgras, Winterroggen und Winterweizen angebaut.
Wichtiger Bestandteil des Arbeitsprogramms sind zudem praxisnahe Freilandversuche auf landwirtschaftlichen Nutz- und Rekultivierungsflächen in den Jahren 2011 bis 2014. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Versuchsstandorte:
- Kippenfläche Rohboden/Lockersyrosem aus quartärem Kipp-Kalksehmsand (oj-cls), frisch planiert, Tagebau Welzow, Vattenfall Europe Mining AG
- Kippenfläche Pararendzina aus quartärem Kipp-kalklehmsand (oj-cls), Alter 40 Jahre, ehemaliger Tagebau Sedlitz, Agrargenossenschaft Großräschen e.G.
- Natürlicher Ackerstandort, Podsol-Braunerde aus glazifluviatilem Sand (ls), ZGJ Landwirtschafts GmbH & Co. KG, Groß Jehser
Neben der praxisüblichen Mineraldüngervariante ist die Anwendung unterschiedlicher TPS Substrate und Mengen sowie der Einsatz von Kompost und Gärrückstand vorgesehen. Angebaut wird die Fruchtfolge Mais-Winterroggen-Hirse-Grünroggen. Das wissenschaftliche Interesse gilt dabei:
- den erzielbaren pflanzenbaulichen Effekten,
- der Stabilität der applizierten organischen Fraktion,
- der klimaschutzrelevanten C-Speicherung in Boden und Biomasse,
- der Wirkung auf den Nährstoffhaushalt,
- möglichen gefügestabilisierenden Wirkungen und
- den technologischen Aspekten der Mittelapplikation.
Inwiefern die einjährigen Kulturen als nachwachsende Rohstoffe für eine energetische und stoffliche Verwertung genutzt werden können, soll ebenfalls getestet werden. Weiterhin bilden die Ertragserhebungen der Testkulturen über den gesamten Fruchtfolgezeitraum die Grundlage für eine erste ökonomische Bewertung des TPS Einsatzes in der Landwirtschaft und Rekultivierung.
Auf der Grundlage der Gefäß-, Lysimeter- und Feldversuche werden Handlungsempfehlungen zum TPS-Einsatz bei der Rekultivierung von Kippenflächen sowie der landwirtschaftlichen Nutzung von ertragsschwachen Standorten abgeleitet, die sich an die Zielgruppe der Landwirtschafts-, Landschaftsbau-, Bergbau- und Sanierungsbetriebe richtet. Diese Handlungsempfehlungen sollen u.a. enthalten: Qualitätskriterien, Ausbringungs- und Einarbeitungstechnik, standort- und nutzungsvariierte Aufwandmengen sowie rechtliche und ökonomische Aspekte.
Die Inhalte und Ergebnisse des Teilvorhabens werden über den gesamten Projektzeitraum fortlaufend öffentlich gemacht. Hierzu erfolgt eine Mitwirkung an den durch die FU Berlin und die Hochschule Lausitz (Querschnittsprojekt I) geplanten Workshops und der Internetdarstellung des Verbundvorhabens. Im Rahmen des jährlich stattfindenden Feldtages werden alle Beteiligten und Interessierten der Landwirtschafts-, Landschaftsbau-, Bergbau- und Sanierungsbetriebe über die Ergebnisse und den Projektstand informiert. Die zunehmend auf Projektergebnissen begründete Öffentlichkeitsarbeit soll auf regionaler Ebene einen wesentlichen Beitrag zum Akteursmanagement liefern und zur Akzeptanz des Ansatzes und der Entwicklung von Konzepten zur Etablierung eines entsprechenden Stoffstrommanagement in der Modellregion beitragen. Diese Darstellungen der Vorteilswirkungen des TP-Konzeptes sind die Voraussetzungen zur Umsetzung der Pläne für eine Pilotanlage zur Herstellung von TPS in der Modellregion Lausitz.