Regionalprojekt 1

Wiederherstellung der Bodenqualität auf militärischen Konversionsflächen unter besonderer Berücksichtigung der Nutzung von Bodenverbesserungs­mitteln auf der Basis von Terra Preta

ProblemstellungDurch den geopolitischen und wirtschaftlich strukturellen Wandel kam es in den 1990iger Jahren u.a. zur Aufgabe von großen militärischen Liegenschaften in den neuen Bundesländern. Im Bundesland Brandenburg machten diese Flächen eine Fläche von knapp 120.000 ha aus, das sind rund 8% der gesamten Fläche Brandenburgs. In der Modellregion, der Gemeinde Nuthe-Urstromtal im Landkreis Teltow-Fläming, finden sich allein 4.190 ha ehemaliger militärisch genutzter Flächen, das sind ca. 20% des Gemeindegebiets.

Diese brachliegenden und teilweise kontaminierten Flächen sowie Altablagerungen stehen einer wirtschaftlichen Nutzung nicht zur Verfügung, weil die Wiedernutzbarmachung wirtschaftlich oft nicht rentabel erscheint (Sanierungs- und Entwicklungskosten übersteigen trotz zusätzlicher Finanzierungsmittel den Grundstückswert). Darüber hinaus liegen die meisten dieser Flächen in wirtschaftlich und infrastrukturell schwachen Regionen. Die Wettbewerbsfähigkeit wird gegenwärtig als sehr gering eingestuft, da diese Flächen meist Boden- und Grundwasserverunreinigungen aufweisen.

Das Brachliegen dieser Flächen trägt zur Verschlechterung des Landschaftsbildes und damit zur Minderung der Attraktivität solcher Gebiete bei.

Konversionsflächen, von denen auf Grund geringer Bioverfügbarkeit der Schadstoffe keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben ausgeht, stellen wegen ihrer enormen, teils zusammenhängenden Flächen, die keinem Landnutzungskonflikt unterliegenden, auf absehbare Zeit ein großes Potential für die regionale Entwicklung dar. Auf diesen Flächen bietet es sich an, Biomasse zu erzeugen und zu verarbeiten, so dass z.B. eine dezentrale Energieversorgung aufgebaut kann.

Die mit dem Anbau von NawaRo (Nachwachsende Rohstoffe) gleichzeitig einsetzende Phytoremediation von z.B. Mineralölkohlenwasserstoffen (am häufigsten anzutreffende Kontamination auf militärischen Konversionsflächen (vgl. Abb. 1) lässt einen Synergieeffekt erhoffen. Außerdem besteht die Möglichkeit eine meist intakte Infrastruktur wieder nutzbar zu machen.

Differenzierung der bisherigen Sanierungsfälle nach Schadstoffgruppen auf Altlastenflächen des Bundes (BMVBW 2000)

Abb. 1: Differenzierung der bisherigen Sanierungsfälle nach Schadstoffgruppen auf Altlastenflächen des Bundes (BMVBW 2000)

Die Nutzung als Energiestandort würde zu einer Steigerung der Attraktivität dieser Flächen für Investoren, Touristen und die Einwohner der Region führen sowie Arbeitsplätze in strukturschwachen Räumen und eine robuste dezentrale Energieerzeugung schaffen.

Das weitere Brachliegen solcher Flächen und die verbundene Entlassung dieser Flächen aus dem Wirtschaftskreislauf würde einen Verlust an nutzbarer Fläche bedeuten und den Druck auf die Erschließung neuen Baulandes erhöhen, was aus Sicht des Flächenschutzes vermieden werden sollte.

Die Inwertsetzung kontaminierter Flächen setzt an der Verbesserung der gegenwärtigen Bodenqualität an. Durch das Initiieren von Selbstreinigungsprozessen durch die Verwendung von Terra Preta Substrat (TPS) in kontaminierten Böden, bei gleichzeitiger Nutzung als Standort für den Anbau von NawaRo erfahren diese Flächen eine ökologische und ökonomische Aufwertung und könnten unmittelbar wieder in den Flächenkreislauf aufgenommen werden (Flächenreaktivierung).

Grundlage ist die Umsetzung eines Stoffstrommanagement (SSM) in der Modellregion und die Anwendung der Terra Preta Technologie (TPT) als innovative Systemkomponente, bei der eine erhöhte Ressourceneffizienz vor Ort über die Nutzung anfallender Biomasse- und Abfallströme für die Produktion von Terra Preta Substrat erreicht wird. Damit wird die regionale Wertschöpfung in der Modellregion langfristig verbessert. Die TPT kann als ein nachhaltiges Landnutzungskonzept mit einem integrativen regionalen SSM verstanden werden, bei dem das TPS eine zentrale Rolle für die Wiederherstellung der Bodenqualität spielt.

ZielstellungEine Möglichkeit der Nachnutzung von Konversionsflächen ist u.a. der Anbau von Nachwachsenden Rohstoffen (NawaRo) bei geringer Bioverfügbarkeit der vorliegenden Schadstoffe. Dieser unterliegt hier keinem Landnutzungskonflikt und bietet die Chance einer regionalen, CO2-neutralen Energieverwertung. Die mit dem Anbau von NawaRo gleichzeitig einsetzende Phytoremediation, von z.B. Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) und polyzyklischen, aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), stellt dabei einen Synergieeffekt dar, der durch die Einbringung von Terra Preta Substrat (TPS) in den Boden infolge der biologischen Aktivierung verstärkt werden könnte und so die degradierten Böden aufwertet.
Die Nutzung dieser Flächen zur Biomasseproduktion könnte durch die Anwendung von TPS und die einsetzende Dekontamination einschließlich der daraus resultierenden Verbesserung der Bodenqualität in einem überschaubaren Zeitraum wieder zu einer höherwertigen Nutzung führen.

Hauptziel dieses Teilprojektes ist deshalb die Flächeninwertsetzung und Steigerung des ökologischen und ökonomischen Potentials von kontaminierten Böden / militärischen Konversionsflächen in einem Prozess der nachhaltigen Landnutzung, mit dem im Forschungsverbund im Mittelpunkt stehendem Bodenverbesserungsmittel TPS (Terra Preta Substrat). Grundlage ist die regionale Verwertung von biogenen Abfallstoffen und NawaRo durch die Produktion von TPS auf der Basis eines Stoffstrommanagements.

Um dieses Hauptziel zu erreichen, werden folgende Teilziele formuliert:

  1. Herstellung und Qualitätsstandards für TPS – Untersuchung und Bewertung von TPS auf wertgebende Inhaltsstoffe und Eigenschaften sowie geregelte Schadstoffe. Bereitstellung und Optimierung der Substrate für alle Regionalprojekte sowie Untersuchungen zu Applikationstechniken des TPS.
  2. Nachweis der Wirkung von TPS auf das Selbstreinigungspotenzial von kontaminierten Böden und Pflanzenwachstum – Untersuchung der Auswirkungen des Einsatzes von TPS auf:
    • Bodenchemie,
    • Pflanzenwachstum (NawaRo),
    • Abbauleistungen (Selbstreinigungsvermögen) und Lebensraumfunktion,
    • Schadstoffaustrag (Rückhaltefunktion) und
    • Wasserhaushalt im Rahmen von Labor- und Felduntersuchungen

    – auch im Vergleich zu anderen organischen Bodenverbesserungsmitteln

  3. Untersuchung der Eignung von TPS als Kohlenstoffsenke (Technologieansatz)
  4. Rechtliche Belange – Prüfung gesetzlicher Rahmenbedingungen zum großflächigen Auf- und Einbringen von TPS auf und in Böden
  5. Kommunikation des Vorhabens und Erstellung einer Handlungsanleitung – Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel einer breiten Akteursbeteiligung an dem Prozess einer nachhaltigen Landnutzung
  6. Fachliche und organisatorische Verbundkoordination

ProjektablaufZur Umsetzung der Hauptziele wird folgender Arbeitsplan definiert:

  1. Bewertung der Umweltwirkung von TPS beim Aus- und Einbringen auf / in Böden
    Arbeitsziel ist eine umfassende Abschätzung der Umweltwirkung des von der Firma areal GmbH produzierten, optimierten und für die Untersuchungen verwendeten TP-Substrate (TPS). Beim Aus- und Einbringen der TPS auf / in Böden werden verschiedene Applikationstechniken getestet. Um das TPS hinsichtlich seines Stoffspektrums bewerten zu können, wird eine Erstcharakterisierung durchgeführt. Diese beinhaltet sowohl die Feststoffanalytik, als auch Elutionsversuche zur Ermittlung des Freisetzungsverhaltens des TPS, um Aussagen über eine potentielle Verlagerung von Stoffen aus dem TPS mit dem Sickerwasser in Richtung Grundwasser treffen zu können. Des Weiteren werden in Gefäß- und Freilandversuchen die Langzeitwirkungen von TPS in Böden / Bodenmaterialien untersucht (Sickerwasseranalyse, Entwicklung des Kohlenstoff-Gehaltes) sowie der Einfluss des TPS auf ausgewählte bodenbiologischen Leistungen bestimmt.
  2. Bewertung des Einflusses von TPS auf das Abbaupotential für MKW und PAK
    Arbeitsziel ist die Ermittlung des Abbaupotentials für MKW und PAK beim Einsatz des TPS im Vergleich zu Kontrollen ohne TPS. In Labor- und Freilandversuchen wird gezeigt, ob durch die Anwendung vom TPS und der damit verbundenen höheren Aktivität der Mikroorganismen steigende Abbauraten zu erkennen sind. Darüber hinaus wird geprüft, ob durch eine Bepflanzung die Effekte der Phytoremediation initiiert werden können. Um Aussagen über die jeweiligen Abbaupotentiale treffen zu können, werden die Schadstoffgehalte von MKW und PAK in Feststoffproben und Eluaten in vorgegebenen Zeitintervallen bestimmt.
  3. Beurteilung der Auswirkung des Pflanzenbaus (NawaRo) auf kontaminierten Flächen
    Arbeitsziel ist die Ermittlung einer möglichen Steigerung der pflanzlichen Biomasseproduktion durch den Einsatz von TPS auf kontaminierten Standorten. Dazu werden im Gefäßversuch geeignete Energiemaissorten auf ihr Wachstumspotential getestet. Im Freiland ist eine mögliche steigende Biomasseproduktion durch die Anwendung vom TPS nachzuweisen. Dieses wäre die Grundlage für eine höhere Flächenproduktivität.
  4. Prüfung gesetzlicher Rahmenbedingungen und Qualitätsstandards für TPS
    Arbeitziel ist die Überprüfung der Qualität der Ausgangsstoffe und des Produktes „TPS“ entsprechend den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Diverse organische Schadstoffe werden unter den Bedingungen einer Kompostierung oder Vergärung nicht abgebaut. Schwermetalle reichern sich häufig in derartigen Prozessen an. Somit ist streng auf die Einhaltung von festzulegenden Qualitätsstandards entsprechend Anwendung und Zusammensetzung des Endproduktes zu achten. Eine Einstufung des Terra Preta Substrates entsprechend BioAbfV oder DüMV muss erfolgen. Es ist zu prüfen und festzulegen, welche Mengen TPS rechtskonform ausgebracht werden können oder ggf. zu klären, ob es im Falle von TPS für die Anwendung einer höheren Ausbringungsmenge im Hinblick auf die Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit sowie für die C-Speicherung in Böden Ausnahmeregelungen gibt.
  5. Erstellung der Handlungsanleitung
    Die Handlungsanleitung ist ein wichtiges Produkt zur Sicherstellung der Übertragbarkeit der Forschungsergebnisse in andere Regionen. Mit ihrer Hilfe werden interessierte Regionen in die Lage versetzt einen zusätzlichen Mehrwert aus regionalen Ressourcen zu ziehen und einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, bei gleichzeitiger Schaffung von neuen Perspektiven für eine nachhaltige Land- und Bodennutzung. Arbeitsziel ist es aus den gewonnenen Ergebnissen für die Akteure Handlungsempfehlungen zum regionalen Stoffstrommanagement mit Terra Preta (S) als innovative Systemkomponente zu erarbeiten. Auf dieser Grundlage sollen die Akteure in die Lage versetzt, für individuelle Regionen und Flächen ein SSM zu planen und durchzuführen und zu prüfen, ob die Verwertung von Biomasse zu TPS und ihre Anwendung aktuell und zukünftig ein Potential zur Aufwertung von Biomasseströmen und Flächen hat.
  6. Öffentlichkeitsarbeit und Akteursmanagement
    Den Akteuren in den Regionen werden die Inhalte des Projektes und das Untersuchungsdesign vorgestellt. Sie sollen ihre Vorstellungen und Bedürfnisse einbringen. Im Rahmen von regionalen und überregionalen Workshops werden in den Regionen die Ergebnisse präsentiert. Lösungsmöglichkeiten werden im Rahmen des Vorhabens perspektivisch dargestellt.
    Die Erarbeitung, Darstellung und Diskussion der Handlungsanleitung ist Ziel der regionalen Arbeitsgruppen und der Projektbeiratssitzungen.
    Darüber hinaus ist die ständige Präsenz des Forschungsthemas in den Modellregionen ein bedeutendes Anliegen. Dies soll u.a. durch Dauerausstellungen vor Ort gewährleistet werden. Die Dauerausstellungen werden von der FU Berlin in Zusammenarbeit mit den Verbundpartnern und Gemeinden / Kommunen vor Ort geplant und bei einem regionalen Workshop gemeinsam eröffnet.
    Darüber hinaus wird eine Wanderausstellung zum Forschungsthema erarbeitet.
    Das Verbundvorhaben versteht sich als transdisziplinäres FuE-Projekt. Ziel ist deshalb eine starke Beteiligung der Praxispartner bei der Formulierung der Problemstellungen, der Steuerung des Projektfortschrittes, der Präsentation und der Verwertung der Ergebnisse.
  7. Interne Kommunikation und Koordination des Forschungsverbundes
    Der Forschungsverbund wird durch die FU Berlin koordiniert. Die Arbeitsziele für die Koordination und die internen Kommunikation umfassen das Festlegen von Zusammenarbeits- und Geheimhaltungsverträgen (Kooperationsvertrag) sowie die Projektsteuerung und die Gewährleistung der internen Kommunikation. Zur Projektsteuerung soll ein Projektmanagementsystem in den Internetauftritt des Verbundes eingepflegt werden, so dass ein Zugriff aller Projektteilnehmer gewährleistet wird. Zur Sicherstellung des Vorgehens, der Untersuchungsziele und -ergebnisse sowie zur effektiven Zusammenarbeit des Verbundes sind regelmäßige Projektbesprechungen notwendig. Projektbesprechungen des Gesamtverbundes werden halbjährlich durchgeführt. Der Verbundkoordinator wird häufiger Projektbesprechungen mit einzelnen Verbundpartnern durchführen.
    Des Weiteren wird zur Vereinfachung des Informationsaustausches ein Dokumentenmanagementsystem eingesetzt, in dem Daten, Graphiken und Dokumente sicher abgelegt sowie verwaltet werden können und für jeden Projektpartner zur Verfügung stehen.

Die folgende Liste gibt einen Überblick über die Hauptziele und die dazugehörigen Arbeitspakete:

Arbeitsplan
Hauptziel: Dauerhafte Verbesserung der Bodenfunktionen und Flächenproduktivität durch Einsatz von TPS
AP Bereitstellung des Probenmaterial
AP Abschätzung der Umweltwirkungen – Freisetzungsverhalten des TPS
AP Untersuchungen des Abbaupotentials für MKW und PAK bei dem Einsatz TPS
AP Beurteilung Pflanzenbau (NawaRo) für MKW und PAK Flächen mit TPS
AP Vergleich TPS mit anderen BVM
AP Zusammenstellung der Wirkungen von TPS
Hauptziel: Praktische Umsetzung der regionalen Wertschöpfungskette
AP Erarbeitung eines ökologischen und ökonomischen Gesamtkonzeptes
AP Prüfung der Voraussetzungen für eine Einführung der Terra- Preta-Technologie in den Beispielsregionen RP1 und RP 2
AP Standortspezifische Vorraussetzung zum Bau einer regionalen TP-Anlage im RP
Hauptziel: Qualitätssicherung (QS)
AP Qualitätssicherung Gesamtverbund
AP Prüfung gesetzlicher Rahmenbedingungen
AP Qualitätsstandards TP-Technologie
AP Qualitätssicherung praktische Untersuchungen
Hauptziel: Handlungsanleitung
AP Erstellung einer modularen Handlungsanleitung
AP Transfer in andere Regionen
Hauptziel: Kommunikation, Akteursmanagement und Öffentlichkeitsarbeit
AP Interne Kommunikation und Koordination des Forschungsverbundes
AP Außendarstellung des Forschungsverbundes
AP Akteursmanagement
AP Planung und Durchführung von Workshops